Bildungsberichterstattung

Die SPD-Stadtratsfraktion sieht in den Ergebnissen einen Handlungsauftrag

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

über die Situation der schulischen Bildung in Nürnberg informiert nach einer Übersicht zur frühkindlichen Bildung und dem gegenwärtig im Bildungsbeirat diskutierten Überblick über die Berufsschulbildung das nun vorliegende Kapitel D des Bildungsberichts, der derzeit als Gesamtbericht mit unterschiedlich gewidmeten Kapiteln erarbeitet wird.

Für Nürnberg stehen damit erstmals systematisch aufbereitete Daten zum allgemeinbildenden Schulsystem zur Verfügung, die nun analysiert werden müssen. Zudem gilt es, eine politische Bewertung der benannten Problemzonen vorzunehmen und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Die vorgelegten Daten zeigen, dass die bisherigen Schwerpunktsetzungen durchaus richtig waren, und belegen, wie wichtig es ist, in Bildung und Erziehung zu investieren. Gleichwohl wird deutlich, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind. Wollen wir für Nürnberg die Teilhabe- und damit die Bildungsgerechtigkeit verbessern, müssen wir weitere entsprechende Maßnahmen ergreifen, soweit dies auf kommunaler Ebene möglich ist.

In Nürnberg zeigt sich ganz deutlich der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Sozialräumliche Ungleichheiten und damit verbundene Bildungschancen lassen sich deutlich an den Zahlen ablesen. Auch die Einzelanalyse der Daten zeigt auf, dass gerade die Schnittstellen zwischen den Schultypen in Zukunft genauer beleuchtet werden müssen und nach wie vor ein bildungsbiographisches Problem sind. So rangiert Nürnberg am unteren Ende der Übertrittsquoten von den Grundschulen auf die Realschulen und Gymnasien. Nürnberger SchülerInnen wiederholen im Landes- und Städtevergleich zudem häufiger einzelne Jahrgangsstufen. Dies beginnt bereits in der Grundschule mit bedenklich hohen Zahlen. Hier sind eine genaue Ursachenforschung und die Bereitstellung von Fördermaßnahmen dringend geboten. Denn ist es erforderlich, mit den Hilfen für die Kinder so früh wie möglich anzusetzen, z.B. mit Fördermaßnahmen bereits vor Schulbeginn. Auch der Ausbau der Ganztagsbeschulung, wie sie jetzt z.B. mit der integrierten Ganztagesbildung in St. Leonhard angestrebt wird, kann ein wichtiger Baustein für den Schulerfolg sein.

Bedenklich stimmen die Zahlen zudem für den Bereich derjenigen SchülerInnen, die die Schulen ohne Abschluss verlassen. Auch hier besteht ein dringender Handlungsbedarf.

Die SPD-Stadtratsfraktion sieht daher in den Ergebnissen des Bildungsberichts zum Kapitel allgemeinbildende Schulen einen Handlungsauftrag für die Stadtverwaltung, Lösungsmöglichkeiten für Nürnberg aufzuzeigen und stellt für den zuständigen Ausschuss folgenden

Antrag:

Die Verwaltung entwickelt ressortübergreifende Lösungsvorschläge bzw. analysiert die Datenlage insbesondere für folgende Problemlagen und Fragen und berichtet über mögliche Strategien: 

  1. Der Übergang zwischen Kindertageseinrichtungen und der Grundschule bedarf einer genaueren Analyse, z.B. im Hinblick auf die Frage, inwieweit etwa eine Korrelation zwischen der Besuchsdauer des Kindergartenbesuchs und einer Wiederholung in der Grundschule bestehen könnte. 
  2. Gibt es inzwischen eine Evaluation der Deutsch-240-Kurse, die mittlerweile flächendeckend angeboten werden? Wie wird die Wirkung dieser Kurse bewertet, müssen sie gegebenenfalls verändert oder weiterentwickelt werden? 
  3. Wie kann der Ausbau der Ganztagsangebote auf die im Bildungsbericht vorgelegten Problemlagen abgestimmt werden, z.B. was die sozialräumliche Analyse anbelangt bzw. kann eine pädagogisch gestaltete, inklusive und rhythmisierte Ganztagsschule mit der derzeitigen Finanzausstattung durch den Freistaat ihren Anforderungen gerecht werden? Braucht es Alternativen, z.B. in der Jugendhilfe und im Stadtteil, um die Kinder individuell fördern zu können? Welche finanziellen Ressourcen wären hier an welchen Stellen erforderlich? 
  4. Die Gründe für das überdurchschnittlich häufige Wiederholen Nürnberger SchülerInnen aller Schulrichtungen ist zu bewerten und es sind Lösungsvorschläge sind zu erarbeiten, wie z.B. die Erkenntnisse des Förderprogramms MSRG an den städtischen Realschulen und Gymnasien auf andere Schulen übertragbar wären. 
  5. Schulartwechsel, die häufig auch mit Wiederholungen verbunden sind, verursachen immense Kosten. Zudem sind den Daten zufolge besonders häufig männliche Hauptschüler mit Migrationshintergrund vom schulischen Scheitern bedroht. Auch hier sind Lösungsvorschläge erforderlich. 
  6. Die Zahl derjenigen, die die Schulen in Nürnberg ohne Abschluss verlassen, ist zu hoch. Grundsätzlich fordern wir für jeden Schüler die Möglichkeit einer abgeschlossenen Schullaufbahn. Dabei geht es nicht nur darum, die für die Jugendlichen als persönliches Scheitern empfundene Erfahrung zu vermeiden, sondern es geht auch darum, diesen Jugendlichen eine Perspektive zu bieten. Nürnberg sollte hier, analog zu den Überlegungen der EU-Kommission, die Schulabbrecherquoten in Europa zu senken, ein Maßnahmenbündel entwickeln. Die Stadt sollte sich perspektivisch das Ziel setzen, grundsätzlich jedem Jugendlichen einen Schulabschluss zu ermöglichen. Hierzu sollten entsprechende Vorschläge erarbeitet werden.

Antragstellerin

Dr. Anja Prölß-Kammerer
schulpolitische Sprecherin
Mail: aproelsskammerer (at) aol com