Nürnberger Stadtrat lehnt Betreuungsgeld ab

Forderung: Geld lieber in die Bildungsinfrastruktur investieren

In seiner Sitzung am 30. Januar 2013 hat der Nürnberger Stadtrat auf Antrag der SPD die Einführung des Betreuungsgeldes abgelehnt. SPD-Stadträtin Gabriela Heinrich fragte in ihrem Redebeitrag: "Wer will das Betreuungsgeld?"

Gabriela Heinrich: "Ein großer Teil der Bevölkerung will es nicht, die Wirtschaft will es nicht, Institutionen wollen es nicht, Lehrer wollen es nicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass SPD und die Grünen es nicht wollen – aber auch die FDP wollte es anfänglich nicht und viele Frauen in der CDU auch nicht.

Begründet wird das Betreuungsgeld – wenn überhaupt – mit der Wahlfreiheit. Nun zeichnet sich Wahlfreiheit dadurch aus, dass eine Auswahl möglich ist. Die eine Alternative ist machbar – die andere auch – und dann kann ich wählen. Wenn ich keinen Platz in einer Krippe bekomme, kann ich diese Variante nicht wählen…

Keine Frau – und in der Regel sind es die Frauen – bleibt wegen 100 Euro im Monat zwei Jahre länger zu Hause, um das Kind zu betreuen. Nicht, wenn sie auf einen Verdienst angewiesen ist, schon gar nicht, wenn sie alleinerziehend ist. 

Für meine Freundin z. B.,  eine Referendarin, die nach mehrjährigem Studium ihr Referendariat als Gymnasiallehrerin abschließen möchten, ist das Betreuungsgeld auch nicht toll. Weil sie verheiratet ist, gilt sie nicht als Härtefall. Sie hat damit kaum eine Chance auf einen Krippenplatz. Ihr Mann – ebenfalls Akademiker in der Fachausbildung zum Arzt - kann ihr da ausnahmsweise nicht helfen.

Wurde nicht das Elterngeld unter anderem darum  eingeführt, um Menschen mit einer guten Ausbildung und guten Jobs zu verführen, Kinder zu bekommen? Das Betreuungsgeld – anstelle der nötigen Unterstützung für die Kommune, Kitaplätze zu schaffen, scheint hier nicht so richtig sinnvoll.

Einige Unternehmen haben dies verstanden und zahlen ihren ArbeitnehmerInnen jetzt einen Zuschuss zur Kinderbetreuung, wenn sie eine Betreuung außerhalb des eigenen Haushalts nachweisen. Diese Unternehmen haben verstanden, dass es Vorteile bringt, wenn vor allem gut ausgebildete Frauen möglichst früh wieder aus der Elternzeit zurückkommen. Sie haben verstanden, was bei konservativen Politikern noch lange nicht angekommen ist: Die allermeisten Frauen wollen arbeiten, streben eine gute Ausbildung und Unabhängigkeit von zugeteiltem Taschengeld an. Für die meisten ist bereits die Wahl von Teilzeit zugunsten der Familie eine zumindest finanzielle Falle – von Karrierestreben ganz zu schweigen. Und es wirkt sich schlecht auf die Rente von Frauen aus – immer noch. Aber dafür geben uns die Konservativen dann die kleine Mütterrente – als Anerkennung.

Wer will das Betreuungsgeld?

Vermutlich glauben die Befürworter des Betreuungsgeldes, dass Familien auf dem Land – in der Annahme, dass Frauen hier eher eine traditionelle Rolle bevorzugen – diesen Zuschuss gerne aufnehmen und sich dies in Wählerstimmen ausdrücken wird. Das mag sein. Aber die SPD-Fraktion stellt diesen Antrag in der Stadt Nürnberg. In einer Stadt, in der wie in vielen Städten eine 35% Quote für die Betreuung der unter Dreijährigen nicht ausreichen wird. In einer Stadt, die in den letzten Jahren den Krippenausbau in großem Ausmaß vorangetrieben hat. Diese Stadt bräuchte weitere finanzielle Unterstützung beim Ausbau von Angeboten für eine moderne Familienpolitik – diese Chance wird mit dem Betreuungsgeld vertan.