Pilotversuch Drogen-Check als Präventionsmaßnahme

  • von  Claudia Arabackyj, Dr. Ulrich Blaschke und Anita Wojciechowski
    20.09.2018
  • Anträge, Arabackyj, Blaschke, Wojciechowski
  • Status: offen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Bekämpfung des Drogenmissbrauchs ist eine wichtige öffentliche Aufgabe. Die Zielsetzung, die Verbreitung und den Konsum von illegalen Substanzen auf ein möglichst niedriges Niveau zu bringen, ist und bleibt richtig. Insofern halten wir an der grundsätzlichen Ausrichtung der Stadtpolitik gegen den Drogenmissbrauch unverändert fest.
Dabei steht ein Handeln der Verwaltung im Einklang mit Recht und Gesetz außerhalb jeder Fragestellung. Der gesetzliche Rahmen, der nicht kommunal verantwortet wird, ist einzuhalten.

Seit vielen Jahren verfolgt die Drogenpolitik einen Mehr-Säulen-Ansatz, der neben der strafrechtlichen Verfolgung auf Aufklärung und Prävention, auf Beratungs- und Behandlungsangebote sowie auf Maßnahmen zur Schadensreduzierung zielt. Die Maßnahmen zur Schadensreduzierung umfassen hierbei insbesondere die Reduzierung des Gefährdungsrisikos für die Drogenkonsumenten während des Drogenkonsums.

Nach einer im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit durchgeführten nicht-repräsentativen Erhebung aus dem zweiten Halbjahr 2017 greift ein nicht zu vernachlässigender Teil von Partygängern in Diskotheken und Clubs zu diversen illegalen Betäubungsmitteln und Narkotika. Dieser „Feierdrogenbereich“ betrifft dabei alle sozialen Schichten und gesellschaftlichen Gruppen, nach Erkenntnissen der Erhebung vielfach auch Personen mit einem geregelten Alltag, hohen Bildungsabschlüssen und in geregelten Arbeitsverhältnissen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Phänomen – wenngleich unter Umständen in zahlenmäßig geringerem Ausmaß – auch für Nürnberg zutrifft.

Bei den Konsumenten dürfte es sich somit jedenfalls zu einem Teil um einen Personenkreis handeln, der als „Wochenendkonsumenten“ bislang nicht zum Klientenkreis der etablierten Stellen der Drogen- und Suchthilfe gehört, obwohl sie ebenfalls Drogen konsumieren und – eventuell unerkannten – Beratungsbedarf haben. Gleichzeitig bestehen auch bei dieser Form des Konsums erhebliche Gesundheitsgefährdungen bis hin zur Lebensgefahr. Gerade auch aus Berlin sind Todesfälle infolge Partydrogenkonsums bekannt. Insbesondere die unklare Zusammensetzung illegaler Substanzen birgt ein hohes Risiko der Kontamination mit weiteren gesundheitsschädlichen Stoffen oder der unerkannten Überdosierung.

In einigen Nachbarländern (insbesondere in Österreich, in der Schweiz und in den Niederlanden) wird als Präventionsmaßnahme ein legales Drogentesten in Einrichtungen und bei Eventanlässen angeboten. Der anonym bleibende Konsument kann einen Teil seiner illegalen Substanz zur chemischen Analyse abgeben und kann vor Verunreinigungen oder problematischen Dosierungen gewarnt werden. Unter Umständen wird die Gefahr einer Überdosierung und Gesundheitsschädigung durch die Kenntnis der Analyseergebnisse reduziert. Die Kenntnis über die Gefährdungspotenziale wiederum können auch eine Verhaltensänderung nach sich ziehen. Eine Testmaßnahme sollte sich nicht auf die reine Vornahme einer Analyse beschränken, sondern stets ein zumindest kurzes Gespräch mit einem Berater beinhalten, um sich über das Analyseergebnis und Risiken des Konsums austauschen zu können.

Wie in anderen Bereichen der Drogenhilfe auch ist eine Güterabwägung zwischen der konsequenten Verfolgung illegaler Drogen und der Gefährdungsminimierung beim repressiv nicht völlig verhinderbaren Konsum erforderlich. Das legale Drogentesten soll keinen Anreiz für den Konsum von Betäubungsmitteln setzen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern weisen aber darauf hin, dass ein legales Drogentesten insbesondere für Menschen, die ohnehin zum Konsum entschlossen sind, einen Beitrag zur Vermeidung von Gefahren und zu einer Reduzierung des Konsums von Substanzen ungewisser Zusammensetzung und Gefährlichkeit leisten kann. Hierbei sollte sich die Möglichkeit der Risikominimierung durch eine qualitative und quantitative Analyse der Substanzen aber nicht allein auf Partygänger, sondern auch auf andere Konsumenten beziehen. Die Frage, in welchen weiteren Situationen abseits von nächtlichen Veranstaltungen ein legales Drogentesten stattfinden kann, sollte daher Teil der Prüfung durch die Verwaltung sein.

Die SPD-Stadtratsfraktion stellt daher zur Behandlung in den zuständigen Ausschüssen folgenden

Antrag:

  1. Die Verwaltung prüft im Zusammenwirken mit geeigneten Fachleuten (insbesondere etablierten Einrichtungen der Drogen- und Suchthilfe, Apothekern und Suchtmedizinern) sowie Polizei und Staatsanwaltschaft die Erstellung eines Konzepts für einen Pilotversuch der qualitativen und quantitativen Analyse von illegalen Substanzen („legales Drogentesten“) einschließlich einer aussagekräftigen Evaluation. Die Evaluation soll sich mindestens auf die Potenziale zur Gefahrenvermeidung beim Konsum, zur Reduzierung des Konsums an sich und zur Erweiterung des Beratungsumfangs für bislang nicht von der Drogenhilfe erreichte Personengruppen beziehen.
  2. Über die Ergebnisse der Prüfung wird berichtet. Die etwaige Durchführung eines Pilotversuchs bleibt gesonderter Beschlussfassung vorbehalten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Antragsteller

Claudia Arabackyj
stv. Fraktionsvorsitzende

 

und

 

Anita Wojciechowski
gesundheitspolitische Sprecherin

 

und

 

Dr. Ulrich Blaschke
wirtschaftspolitischer Sprecher