Entwicklung der Armutsgefährdung in Nürnberg
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
trotz guter Konjunktur, einer gesunkenen Arbeitslosenquote und einer vergleichsweise niedrigen Transferleistungsdichte in Nürnberg sind 23 % der Nürnbergerinnen und Nürnberger „armutsgefährdet“, d.h. sie verfügen über weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens. Damit hat sich ihr Anteil in den letzten sechs Jahren fast verdoppelt. Besonders betroffen sind davon Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche, Geringverdienende und (Langzeit-)Arbeitslose.
Auch wenn über die Definition der Armutsgefährdung diskutiert werden kann, und sie eher ein Maß der Einkommensungleichheit abbildet, da sie z.B. Verschuldung ebenso wie Vermögen ausblendet und die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten nicht berücksichtigt, so sind damit doch Aussagen zu Entwicklungen der Armutssituation möglich.
Nimmt man die relativ hohe Überschuldungsquote in Nürnberg (knapp 12 %) und die überproportional steigenden Mietkosten hinzu, so ist dies gerade in Zeiten, in denen die Arbeitslosigkeit sinkt und die Langzeitarbeitslosigkeit – wenn auch auf zu hohem Niveau – zumindest stagniert, eine beunruhigende Entwicklung.
Besonderes Augenmerk muss dabei auf jene Menschen gerichtet werden, deren Einkommen knapp jenseits des Transferleistungsbezugs liegt. Armutsgefährdung oder relative Armut bedeutet für die Betroffenen, dass sie zwar ihre Grundbedürfnisse befriedigen können, aber von vielen sozialen Teilhabechancen, Bildung, Gesundheit und sozialen Netzwerken ausgeschlossen sind.
Es muss daher Aufgabe der (Sozial)Politik sein, Armut so weit als möglich zu verhindern und Armutsstrukturen, die sich oftmals über Generationen hinweg verfestigt haben, aufzubrechen, um somit den Betroffenen Chancengleichheit, soziale Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Die Stadt Nürnberg hat schon seit Langem mit dem im Sozialreferat angesiedelten Stab Armutsprävention eine Reihe von Angeboten zur Armutsbekämpfung geschaffen – sie reichen beispielsweise vom Netz gegen Armut, über den NürnbergPass, der Energieschuldenberatung bis hin zum Programm gegen Kinderarmut. Auch die vielzähligen Projekte in Kooperation mit der NOA, um (Langzeit-)Arbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen, seien genannt. Oftmals ist bei diesen Angeboten der Transferleistungsbezug der bestimmende Bezugspunkt für die Behörden.
Angesichts einer vermuteten Entkoppelung des Armutsrisikos vom Transferleistungsbezug erscheint es aus unserer Sicht aber notwendig, die Entwicklung bei der Armutsgefährdung noch einmal genau zu analysieren und darzustellen, welche Handlungsebenen bei der Bekämpfung der Armut gefordert sind. Dabei soll auch überprüft werden, ob und in welche Richtung die bestehenden Programme der Stadt zur Bekämpfung der Armut evtl. noch ergänzt werden müssten.
Deshalb stellt die SPD-Stadtratsfraktion zur Behandlung im zuständigen Ausschuss folgende
Antrag
Die Verwaltung
- berichtet über die veröffentlichten Studien zur Armutsgefährdung und gibt eine Einschätzung der verschiedenen Studien.
- erläutert die Entwicklung der Armutsgefährdung in Nürnberg und benennt mögliche Ursachen.
- stellt dar, was in Nürnberg zur Bekämpfung der Armut bereits getan wird und welche zusätzlichen Maßnahmen auf welcher Ebene aus ihrer Sicht notwendig wären, um eine Reduzierung des Armutsrisikos zu erreichen.
Mit freundlichen Grüßen