Staatsregierung befördert die Spielsucht in Bayern

SPD-Stadtratsfraktion empört über Vorgaben des Ministeriums zu Spielhallen

Mit den Vollzugshinweisen zum Glücksspielstaatsvertrag und zum bayerischen Ausführungsgesetz wird das von der Stadt Nürnberg nach intensiver Diskussion beschlossene Vergnügungsstättenkonzept vom Freistaat völlig unterlaufen. Statt die Bemühungen der Städte in Bayern zu unterstützen, nimmt das bayerische Innenministerium einseitig Stellung für die Automatenindustrie und befördert zudem die Spielsucht in Bayern.

Schon lange forderte auch die SPD-Stadtratsfraktion die Eindämmung von Spielhallen im Stadtgebiet, die zeitweise wie Pilze aus dem Boden sprossen. Die derzeit 144 Spielhallen, etliche mit Mehrfachkonzession, genießen jedoch noch Bestandsschutz bis Mitte dieses Jahres. Danach benötigen Spielhallen nach dem novellierten Glückspielstaatsvertrag und dem bayerischen Ausführungsgesetz neben einer Baugenehmigung und einer Gewerbeerlaubnis auch eine glücksspielrechtliche Erlaubnis. Diese Erlaubnis jedoch ist nun ausgeschlossen, wenn ein Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zwischen den Spielhallen nicht eingehalten wird, bzw. eine Spielhalle im baulichen Verbund als Mehrfachspielhalle auftritt.

„Die gesetzliche Regelung wäre eine echte Chance gewesen, die bestehende Flut an Spielhallen einzudämmen“ ärgert sich Katja Strohhacker, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion. Nun jedoch lässt das Staatsministerium Ausnahmen für Spielhallenbetreiber von dieser Regelung zu. Diese sind nicht nachvollziehbar und widersprechen der Zielsetzung des Gesetzes deutlich. „Es wurden nun Ausnahmetatbestände geschaffen, die es uns als Stadt Nürnberg unmöglich machen, eine Reduzierung von Daddelbuden vorzunehmen. Scheinbar konnte die Lobby von Spielhallen- und Automatenverbänden mehr Gehör finden als die Interessen der Städte mit Ihren Bürgerinnen und Bürgern.“

Besonders haarsträubend findet Strohhacker dabei die Tatsache, dass Spielhallen eine Schließung u.a. dadurch verhindern können, dass dort die Gefährlichkeit von Geldspielgeräten reduziert wird. Dies ist neuerdings dann der Fall, wenn sie Spielern die Möglichkeit einer Selbstsperre einräumen. „Aber welcher an Spielsucht erkrankte Mensch wird dies freiwillig tun? Damit wird dieses Ausführungsgesetz zum Placebo“, kritisiert die Stadträtin weiter.

„Mit den vom Innenministerium eingeräumten Übergangsfristen und den Möglichkeiten zur Befreiung wird es in Nürnberg keine Verbesserung geben, im Gegenteil, es steht zu befürchten, dass die Automatenindustrie jetzt wieder Anträge für neue Spielhallen stellen wird“, befürchtet auch Gerald Raschke, planungspolitischer Sprecher SPD-Stadtratsfraktion.

„Mit diesem Vorgehen unterstützt und befördert die bayerische Staatsregierung unverhohlen und einseitig die Interessen der Spielhallen- und Automatenindustrie. Der Schutz der Bevölkerung vor den schädlichen Auswirkungen für die Bürger und für das Erscheinungsbild der Städte ist der bayerischen Staatsregierung völlig gleich“, ziehen Raschke und Strohhacker ein bitteres Resümee.