Die Nürnberger SPD drängt darauf, den Saal 600 des Justizpalastes und die erhaltenen Reste des Gefängnistraktes, in dem die Angeklagten der Nürnberger Prozesse inhaftiert waren, als Lernort zu erhalten. Das Zellengefängnis und der Saal sollen in das Konzept des Memoriums Nürnberger Prozesse integriert und dafür erhalten werden. Dies fordern die stellvertretende Vorsitzende der Rathaus-Fraktion Dr. Anja Prölß-Kammerer und ihre Fraktionskollegin Ruth Zadek. Unterstützung erhalten sie von der Bundestagsabgeordneten Gabriela Heinrich.
Die Stadt Nürnberg hat sich mit dem Thema „Memorium Nürnberger Prozesse – Geburtsort des Völkerstrafrechts“ um den Titel des Weltkulturerbes beworben. Kern der Idee ist der Saal 600 im Justizgebäude Fürther Straße. In diesem Saal fand mit dem Prozess vor dem „Internationalen Militärgerichtshof“ erstmals in der Menschheitsgeschichte ein Kriegsverbrecherprozess vor einem internationalen Gericht statt. Aus den dort festgelegten Normen gingen die „Nürnberg Prinzipien“ hervor. Es geht also bei der Bewerbung um das Weltkulturerbe insbesondere um die ideengeschichtliche Bedeutung der Nürnberger Prozesse für das Völkerrecht.
Neben dem Saal 600 ist nach Ansicht der SPD auch der noch erhaltene Flügel des ehemaligen Zellengefängnisses, das zur Unterbringung der Gefangenen bei den Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozessen diente, ein wichtiger Teil des Lernortes, um die Bedeutung der Nürnberger Prozesse anschaulich zu machen. Die kulturpolitischen Sprecherinnen der SPD-Stadtratsfraktion Dr. Anja Prölß-Kammerer und Ruth Zadek sowie die Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich, plädieren daher für den Erhalt dieses denkmalgeschützten Trakts. In ihm waren zwar nicht die Hauptkriegsverbrecher inhaftiert. Er vermittelt jedoch einen authentischen Eindruck. Um ihn erfahren zu können, möchten Sie diesen Gefängnisteil zumindest in Teilen für das Publikum zugänglich machen.
Das Zellengefängnis wurde im 19. Jahrhundert erbaut. Es wurde gestaltet als Isoliergefängnis. Die Gefangenen wurden also einzeln untergebracht. Sternförmig gingen von einer Zentralhalle fünf Flügel aus. Ab 1945 wurde dieses Zellengefängnis unter anderem für die Angeklagten im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess genutzt. In den 80er Jahren wurden der Ostflügel, in dem die Hauptkriegsverbrecher untergebracht waren, sowie der Nordost- und Südwestflügel abgerissen. Auch die Sporthalle, in der die Hinrichtung der Hauptkriegsverbrecher vollzogen wurde, existiert nicht mehr. Seit 1995 wird der erhaltene Westflügel nicht mehr für die dauerhafte Unterbringung von Gefangenen genutzt.
Im erhaltenen Westflügel, der unter Denkmalschutz steht, sind die Zellen und Zellentüren noch weitgehend erhalten. „Das Gebäude vermittelt einen authentischen Eindruck von der Unterbringung der Hauptkriegsverbrecher und Zeugen nach 1945“, meint Stadträtin Dr. Prölß-Kammerer. Ruth Zadek verweist darauf, dass das Gebäude bereit für Dreharbeiten genutzt wurde, zum Beispiel für den Film „Speer und Er“, über das Leben Albert Speers oder für den Film „Eure Mütter, Eure Väter“. Die Zellen stehen derzeit meist leer.
„Da sich das Zellengefängnis auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt befindet, kann es derzeit nur mit Voranmeldung und Genehmigung der Anstaltsleitung besichtigt werden“, bedauert die Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich. Mit dem „Memorium Nürnberger Prozesse“, ist die wissenschaftliche Aufarbeitung und Zugänglichkeit dieses historischen Ortes bereits gewährleistet. Es informiert über die Vorgeschichte der Nürnberger Prozesse, den Verlauf, aber auch über die Nachwirkungen dieser Verfahren und ihre Bedeutung für das Völkerstrafrecht. „Mit der ‚Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien‘, die auch im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD unterstützt wird, wird die Aktualität der „Nürnberger Prinzipien“ weitergetragen“, erläutert Heinrich. „Gemeinsam mit der Bewerbung zum Weltkulturerbe könnte hier mit dem Memorium, dem Saal 600 sowie dem Flügel des ehemaligen Zellengefängnisses ein einzigartiger Ort entstehen, der die Ideen der Nürnberger Prinzipien eiterzutragen und wirken lassen könnte“, findet Fraktionsvize Prölß-Kammerer. Sie meint: „Der Erhalt des Zellentraktes zumindest in Teilen wäre ein weiterer Baustein für den international bekannten und stark nachgefragten Lernort Memorium Nürnberger Prozesse“.
Da sich der erhaltene Zellenflügel sowie die Rümpfe der weiteren Zellenflügel und die noch erhaltene ehemalige Kapelle sich in schlechtem baulichen Zustand befinden, sie jedoch „Zeugen“ der Nürnberger Prozesse sind, fordert die SPD-Stadtratsfraktion zum einen den Erhalt dieses Zellentrakts und möchte, dass die Stadt bei Verhandlungen mit dem Freistaat darauf dringt, diesen Zellentrakt als Lernort zugänglich zu machen - gerade auch im Rahmen des Bewerbungsverfahrens um das Weltkulturerbe. Darauf haben die beiden Stadträtinnen Prölß-Kammerer und Zadek auch in einem Schreiben an Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly gebeten.