Zukunft für Nürnberg: Gemeinsam. Sozial. Nachhaltig

Rede des Fraktionsvorsitzenden Thorsten Brehm zu den Haushaltsberatungen am 18. November 2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien,
Liebe Gäste, liebe Vertreter*innen der Presse,

die heutigen Haushaltsberatungen stehen leider wie die aus dem Vorjahr im Zeichen der Corona-Pandemie. Gespannt schauen wir heute auch alle nach Berlin, wenn die Spitzen aus Bund und Ländern über das weitere Vorgehen beraten. Die Nürnberger und bundesweiten Zahlen sind besorgniserregend, die Überlastung der Krankenhäuser droht und alles andere als gesegnete Weihnachten. Sich impfen zu lassen – das ist jetzt eine moralische Bürgerpflicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
diese Pandemie ist ein anhaltender Stresstest für die Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung und unserer Daseinsvorsorge. Und ich will deshalb gleich zu Beginn den Dank der SPD-Stadtratsfraktion an alle Beschäftigten aussprechen, die in den letzten Monaten die Verwaltung, ihre Angebote und Dienstleistungen aufrechterhalten oder pandemiefähig gemacht und weiterentwickelt haben. Wir und die Bürger*innen wissen das sehr zu schätzen und wir bitten Sie in der Stadtspitze, diesen Dank auch entsprechend weiterzugeben.

Die Pandemie zeigt aber auch, wie wichtig und zentral ein leistungsstarkes Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft ist, das sich eben nicht dem Renditestreben der Privatwirtschaft unterwirft sondern dem Gemeinwohl dient. Und es war deshalb ein richtiges und wichtiges Zeichen, dass wir den Beschäftigten dessen Service-Gesellschaft einen Weg zurück in den TVöD geebnet haben. Und es bleibt eine der großen politischen Hausaufgaben für die Tarifparteien, den wohl verdienten Applaus für die Pflegekräfte auch in ein Mehr beim Gehalt umzumünzen.

Soziale Folgen der Pandemie lindern

Corona bringt aber nicht nur in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen große Herausforderungen mit sich. Die Pandemie führt auch zu vielen sozialen und psychischen Folgeschäden. Wir haben in den letzten Wochen viele Gespräche mit Einrichtungen und Initiativen gesucht – so gut das eben unter den Rahmenbedingungen möglich war. Und es waren bewegende Geschichten, die uns Betroffene und Helfende geschildert haben. Wenn beispielsweise Mütter endlich den Mut fassen sich mit ihrer Suchterkrankung helfen zu lassen, den Schritt wagen sich an eine Beratungseinrichtung zu wenden und dann aber mit einem Platz auf der Warteliste vertröstet werden müssen, weil die Nachfrage nach Beratung derzeit dessen Angebot deutlich übersteigt.

Kinder und Jugendliche unterstützen

Und wie alle wissen leiden in der Krise vor allem auch Kinder und Jugendliche. Sie können die vielen notwendigen Erfahrungen, die so wichtigen soziale Kontakte und den zwischenmenschlichen Austausch, Feiern, Ausflüge ja auch die Fehler, die wir in diesem Alter machen und aus denen wir lernen und an denen wir wachsen konnten, nur sehr eingeschränkt machen.

Einige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es ihnen seit der Pandemie deutlich schlechter geht. Einen ähnlichen Hilferuf bekommen wir aus den freiberuflichen Praxen für Psychotherapie gespiegelt, die mangels Zeit und Plätze nicht allen Kindern helfen können, die sich durch ihre Eltern an sie wenden.

Diesen Geschichten, diesen Schicksalen im Versteckten mit einer sicher hohen Dunkelziffer, diesen sozialpolitischen Herausforderungen wollen wir begegnen und auch entsprechende Schwerpunkte bei den Haushaltsberatungen setzen.

Die Jugendsozialarbeit an Schulen sowie die Erziehungsberatung wollen und müssen wir deshalb personell weiter aus- und aufbauen. Und ganz grundsätzlich: Es ist so wichtig, dass die Schulen so lange und gut es geht offenbleiben und die Kinder- und Jugendarbeit in den Einrichtungen und Vereinen aufrechterhalten wird. Und wir werden der Drogenberatungseinrichtung für Frauen, dem Verein Lilith, unter die Arme greifen, damit dort zusätzliches Personal eingestellt werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es geht um Menschen, denen es nicht gut geht, die arbeitslos sind, die alleine leben, die sich überflüssig fühlen. Menschen werden still, wenn sie sich überflüssig fühlen. Und es ist unsere Aufgabe, auch für sie zu sprechen und ihnen wieder eine Stimme zu geben. Es sind die weitgehend unsichtbaren Folgen dieser Viruskrise, denen wir uns noch mehr widmen müssen. Die Krise verschärft die sozialen Unterschiede und die Probleme bestimmter Bevölkerungsgruppen. Dem wollen und können wir nicht tatenlos zusehen.

Bezahlbares Wohnen

Dazu gehört auch die weiter angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. Viele müssen heute deutlich mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Miete aufbringen. Viele dieser Menschen hätten allen Grund sich öffentlich zu beklagen, sie tun’s aber nicht. Wir müssen aber aufpassen, dass wir daraus nicht die falschen Schlussfolgerungen oder falschen politischen Prioritätensetzungen ziehen.

Der städtische Wohnungsbricht rechnet hoch, dass wir allein bis 2025 rund 13.700 neue Wohneinheiten brauchen. Das ist bei anhaltender Flächenknappheit ein großes Problem. Und deswegen werden und müssen wir miteinander Überzeugungsarbeit dafür leisten, dass wir unsere Bautätigkeiten, vor allem in kommunaler und genossenschaftlicher Trägerschaft, in den nächsten Jahren mit Elan voran- und weitertreiben.

Ich bin unserer Sozialreferentin Elisabeth Ries und ihrem Team sehr dankbar, dass sie sich diesen Menschen, die nicht so viel Geld in der Tasche haben, und ihren Anliegen widmet, finde aber nach wie vor, dass das in unserem politischen Diskurs und auch der Medienberichterstattung nicht den Platz und Stellenwert genießt, den es für diese Herausforderungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt bräuchte.

Zuschusskürzungen zurücknehmen

Wichtig war uns in der SPD-Fraktion deshalb auch, die im Raum stehenden Zuschusskürzungen von fünf Prozent für alle freien Träger und Initiativen nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Damit wollen wir deren Arbeit stärken und für sie Planungssicherheit schaffen. Wir wissen, dass dort jeder eingesetzter Euro mit einem Vielfachen an zusätzlichem Engagement multipliziert wird und dieses Geld gut investiert ist. Ich habe letztes Jahr bei meiner Rede in der Meistersingerhalle versprochen, dass es hier kein Streichkonzert geben wird. Als SPD stehen wir dazu und halten die Zuschüsse stabil!

Uns ist klar, dass wir bei den heutigen Beratungen nicht alle Wünsche werden erfüllen können. Und eine Ablehnung einzelner Anträge liegt in der Regel nicht an mangelnder Sympathie für diese, sondern schlicht an der Notwendigkeit Prioritäten zu setzen.

Wirtschaft stärken

Als Stadtgesellschaft sind wir darauf angewiesen, dass diese ganzen Mittel auch erwirtschaftet werden. Die stabilen Einnahmen bei der Gewerbesteuer zeigen dabei, dass wir in den letzten Jahren unsere Wirtschaft diversifiziert haben und über einen gesunden Branchenmix verfügen, der auch halbwegs krisenresistent ist. Die neue Technische Universität (TUN) wird diese positive Entwicklung weiter beflügeln. Mit den Mitteln für das „OM7 - Business Innovation Center“ als auch dem Gewerbehof für das Handwerk unterstreichen wir beispielhaft, dass wir uns auch um eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts, der Sicherung von guten Arbeitsplätzen und des Gewerbesteueraufkommens kümmern.

Aber die Kennwerte des Haushalts zeigen leider, dass wir auch in Jahren sehr guter Steuereinnahmen nicht in der Lage sind, daraus die notwendigen Investitionen in unsere Infrastruktur zu finanzieren. Neben den vielen unaufschiebbaren Investitionsprojekten müssen wir in diesen Jahren auch unsere Tochterunternehmen mit Millionenbeträgen stützen, allen voran die VAG, die Messe sowie den Flughafen.

Wir brauchen die Unterstützung von Bund und Land bei der Bewältigung dieser Herausforderungen – und zwar nicht nur bei der Finanzierung der anstehenden Großprojekte sondern strukturell und dauerhaft.Wir brauchen keine neuen bürokratischen Förderprogramme für einzelne Politikbereiche sondern eine ausreichende Grundfinanzierung, um unseren Aufgaben in der Daseinsvorsorge gerecht werden zu können.

Investitionen auf hohem Niveau weiterführen

Sollten diese Weckrufe nicht erhöht werden, wird es für uns in den nächsten Jahren aufgrund der steigenden Verschuldung immer schwieriger einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen.

Natürlich nehmen wir uns wie alle politischen Gruppierungen hier im Rat auf unserer Haushaltsklausur die Zeit und wälzen die Seiten im Mittelfristigen Investitionsplan (MIP). Die Seiten mit den Projekten wurden im Lauf der letzten Jahre immer mehr, die Zahl der Vorhaben, bei denen man ein Streichen oder zumindest eine Verschiebung andenken konnte, immer weniger. In diesem Jahr war praktisch gar nichts Nennenswertes dabei, zu groß ist die finanzielle Last beim Neubau und der Sanierung von Schulen, dem Kita-Ausbau und dem praktischen Organisieren der Klima- und Verkehrswende, dem Schaffen von mehr Grünflächen und dem Unterhalt unserer Kulturbauten.

Nachdem die Frage des Opernhauses und dessen Interim in den letzten Wochen so viel Raum in den Ausschüssen, den Kommissionen und der Medienberichterstattung eingenommen hat, will ich hier das von meinen SPD-Kolleginnen und Kollegen Gesagte zum Prozess der Standortfindung nicht wiederholen. Aber in Sachen Finanzierung muss ich heute eines noch einmal unterstreichen: Wenn der Freistaat in München ein eigenes Konzerthaus bauen und betreiben will, wenn wir in Nürnberg auf unseres mangels verfügbarer Eigenmittel verzichten müssen, dann ist es das Mindeste, dass der Freistaat aus Gerechtigkeitsgründen die Opernhaus- und Interimsfinanzierung übernimmt - und zwar vollumfänglich.

Gerecht ist das auch, weil in unser Opernhaus ja nicht nur Nürnberger*innen gehen, sondern es ein Leuchtturm ist, der in die ganze Region ausstrahlt. Dann kann es nicht alleinige Aufgabe der Nürnberger Steuerzahler*innen sein, alleine ein gutes Theaterangebot für eine ganze Region in Bayern zu finanzieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir müssen bei der MIP-Neuaufnahme in den nächsten Jahren aber auch Prioritäten setzen, weil wir nicht alles leisten können. Und ohnehin wird sich die Lebensqualität in Nürnberg weder bei einer Blumenschau im Stadtgraben noch beim subventionierten Cocktailtrinken im wiedereröffneten Fernsehturm entscheiden. Da sind jetzt andere Dinge wichtiger!

Klimaschutz in praktische Politik übersetzen

„Klimaschutz, Klimaneutralität und Klimaanpassung sind ein Megathema unserer Zeit. Das hat uns der Weltklimagipfel in Glasgow gerade wieder vor Augen geführt. Wir stehen dafür bereit, umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen. Aber Klimaschutz und Energiewende können nicht einfach vom Bund bestellt werden. Ohne Städte wird es keine Klimaneutralität geben in Deutschland. Wir sind die Treiber“, so hat es Städtetagspräsident Burghard Jung gestern auf den Punkt gebracht. Und damit spricht er mir vollends aus dem Herzen.

Mit dem Pakt für nachhaltige Mobilität haben wir hier Maßstäbe bei der Förderung des Nah- und Radverkehrs gesetzt und endlich auch die Fußgänger*innen ins Scheinwerferlicht gerückt. Und wir machen bei diesem Haushalt ernst mit der Umsetzung: Noch nie wurden in einem Haushaltsjahr so viele neue Stellen für den Klimaschutz und die Umsetzung der Mobilitätswende geschaffen wie in diesem. Zudem stärken wir die VAG finanziell, um deren Angebot auszuweiten, Takte zu verdichten, neue Elektrobusse anzuschaffen und die Fahrpreise stabil zu halten. So setzen wir einen klaren politischen Schwerpunkt und organisieren damit einen nachhaltigen Stadtumbau. Und ich bin den Kollegen Christian Vogel und Daniel Ulrich sehr dankbar, dass sie das miteinander und gemeinsam in die Umsetzung bringen.

Danke

Abschließend gilt unser Dank der ganzen Stadtspitze und den Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Kräfte für die vertrauensvolle Zusammenarbeit der letzten Monate.

Wir werden auch diese Haushaltsberatungen gemeinsam meistern, nicht zuletzt Dank der professionellen Vorbereitung und Begleitung durch unseren Stadtkämmerer Harry Riedel und seinem Team. Vielen Dank Ihnen!

Die heutigen Haushaltsberatungen sind eine Etappe auf einem weiterhin steinigen und alles andere als einfachen Weg. Aber mit der großen Mehrheit an Zustimmung, die sich heute abzeichnet, wird auch deutlich, welchen breiten gesellschaftlichen Konsens wir über diesen Kurs haben. Das ist ein hohes Gut in schwierigen Zeiten. Als SPD-Fraktion werden wir unserer Verantwortung für Nürnberg gerecht und werden deshalb der Haushaltssatzung zustimmen.